Gegenstand des Aufsatzes sind Meiers psychologische Überlegungen, mit besonderer Berücksichtigung der Stellung seiner Thesen im Rahmen der Debatte über die Seele in der deutschen Aufklärung. Leitfaden der Arbeit bildet die Überzeugung, dass Meiers Nachdenken über die Psychologie – das schon am Anfang der 40er Jahre beginnt – seine allmähliche Abstandsnahme von der Philosophie Wolffs spürbar macht und seine fortlaufende Entwicklung einer Philosophie, die sich an die Ideale der reifen europäischen Aufklärung annähert, ankündigt. Ideale, die sich in Deutschland erst Jahrzehnte später – nämlich mit der sogenannten Spätaufklärung in Berlin und Göttingen – durchsetzten werden, und die besonders in der ‚Popularphilosophie’, bei den ‚Selbstdenkern’ und bei Kant zu ihrem ausgereiften Ausdruck gelangen. In diesem Zusammenhang bietet die Psychologie einen privilegierten Sichtpunkt an; sie zieht sich doch durch Meiers Gesamtwerk und dokumentiert deswegen in klarer Weise Meiers fortschreitende Abstandsnahme vom Wolffschen rationalistischen Dogmatismus. Meiers psychologische Untersuchung betrifft sowohl metaphysische, als auch empirische Fragen. Die Forschung ist von der Annahme geleitet, dass sich in der allmählichen Radikalisierung von Meiers Vorbehalten gegenüber dem bis dahin in der Wolff-Tradition herrschenden Erkenntnisoptimismus zwei Einflussquellen zeigen: einerseits der Einfluss Lockes, durch den Meier das Vertrauen in der Möglichkeit einer vernünftigen Kenntnis der rationalen und unveränderlichen ontologische Struktur der Realität aufgibt, zugunsten einer empirisch- und pragmatisch-orientierten Weltanschauung; andererseits den Einfluss von der pietistischen Umgebung, aus der Meier verschiedene Argumente gegen einen rationalistischen Beweiß sowohl der Wolffschen Hypothese der vorherbestimmten Harmonie, als auch eines harmonischen Parallelismus zwischen Leib und Seele gewinnt. Die Arbeit bestätigt demnach die zunehmende Unabhängigkeit Meiers vom Wolffschen Standpunkt und seine tiefgehende pietistische Prägung aufzuzeigen, was in Konsequenz ein neues Licht auf die enge Arbeitsgemeinschaft zwischen Alexander Gottlieb Baumgarten und Meier werfen könnte.
Georg Friedrich Meiers Theorie der Unsterblichkeit der Seele im zeitgenössischen Kontext
RUMORE, Paola
2015-01-01
Abstract
Gegenstand des Aufsatzes sind Meiers psychologische Überlegungen, mit besonderer Berücksichtigung der Stellung seiner Thesen im Rahmen der Debatte über die Seele in der deutschen Aufklärung. Leitfaden der Arbeit bildet die Überzeugung, dass Meiers Nachdenken über die Psychologie – das schon am Anfang der 40er Jahre beginnt – seine allmähliche Abstandsnahme von der Philosophie Wolffs spürbar macht und seine fortlaufende Entwicklung einer Philosophie, die sich an die Ideale der reifen europäischen Aufklärung annähert, ankündigt. Ideale, die sich in Deutschland erst Jahrzehnte später – nämlich mit der sogenannten Spätaufklärung in Berlin und Göttingen – durchsetzten werden, und die besonders in der ‚Popularphilosophie’, bei den ‚Selbstdenkern’ und bei Kant zu ihrem ausgereiften Ausdruck gelangen. In diesem Zusammenhang bietet die Psychologie einen privilegierten Sichtpunkt an; sie zieht sich doch durch Meiers Gesamtwerk und dokumentiert deswegen in klarer Weise Meiers fortschreitende Abstandsnahme vom Wolffschen rationalistischen Dogmatismus. Meiers psychologische Untersuchung betrifft sowohl metaphysische, als auch empirische Fragen. Die Forschung ist von der Annahme geleitet, dass sich in der allmählichen Radikalisierung von Meiers Vorbehalten gegenüber dem bis dahin in der Wolff-Tradition herrschenden Erkenntnisoptimismus zwei Einflussquellen zeigen: einerseits der Einfluss Lockes, durch den Meier das Vertrauen in der Möglichkeit einer vernünftigen Kenntnis der rationalen und unveränderlichen ontologische Struktur der Realität aufgibt, zugunsten einer empirisch- und pragmatisch-orientierten Weltanschauung; andererseits den Einfluss von der pietistischen Umgebung, aus der Meier verschiedene Argumente gegen einen rationalistischen Beweiß sowohl der Wolffschen Hypothese der vorherbestimmten Harmonie, als auch eines harmonischen Parallelismus zwischen Leib und Seele gewinnt. Die Arbeit bestätigt demnach die zunehmende Unabhängigkeit Meiers vom Wolffschen Standpunkt und seine tiefgehende pietistische Prägung aufzuzeigen, was in Konsequenz ein neues Licht auf die enge Arbeitsgemeinschaft zwischen Alexander Gottlieb Baumgarten und Meier werfen könnte.File | Dimensione | Formato | |
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