Zur adluvio kann es bei Flüssen aufgrund der Stärke der Wasserströmung kommen. Sie kann insbesondere durch den normalen Wasserfluss oder aber aufgrund eines besonderen Ereignisses, namentlich einer Überschwemmung, zustande kommen. Die Strömung kann entweder die Festigkeit nur eines oder aber beider Ufer verändern. Das angeschwemmte Uferland wird ipso iure, iure gentium vom berechtigten Besitzer des jeweiligen Ufergrundstückes erworben. Steht das Ufer in öffentlichem Besitz, wie dies bei den agri limitati der Fall ist, kommt es nicht zum Eigentumserwerb durch Anschwemmung. Kehrt der Strom nach einer Überschwemmung in sein ursprüngliches Flussbett zurück, ohne die Ufer verändert zu haben, haben wir es nicht mit einer adluvio zu tun, sondern mit einer inundatio, die juristisch nicht relevant ist. In den Quellen begegnen wir zwei verschiedenen Beschreibungen von adluvio, auf die die heutige Unterscheidung im französischen Code civil und im italienischen Codice civile zwischen adluvio propria und adluvio impropria zurückgeht. Die erste Ausprägung meint eine Anlagerung von Schwemmmaterial an einem oder beiden Ufern, die dadurch an Umfang zunehmen; in diesem Fall entspricht die Anwachsung dem durch Anschwemmung hinzugewonnenen Boden. Die zweite Ausprägung meint eine Veränderung des Flusslaufes, die einen Teil des Ufers freilegt und gleichzeitig dazu führt, dass ein anderer Teil bedeckt wird. Der freigelegte Teil wird im Rahmen dieser Form von adluvio vom Besitzer des Ufergrundstücks erworben. Nicht unproblematisch ist es, diese letzte Art von alluvio vom alveus derelictus zu unterscheiden. Dies meint das „Verlassen“ des Flussbettes, wobei der Strom anderswohin fließt, während der alveus bei der adluvio grundsätzlich unverändert bleibt und es bloß zu einer kleinen Veränderung des Wasserlaufs kommt. Tatsächlich kann diese Unterscheidung viel schwieriger sein, weshalb einige Forscher vom „teilweise verlassenen Flussbett“ sprechen. Dieser letzte Ausdruck kommt jedenfalls in den römischen Quellen nicht vor, die in dieser Hinsicht von adluvio sprechen. Dem folgt auch der französische Code civil in Artikel 557 (1): „Il en est de même des relais que forme l’eau courante qui se retire insensiblement de l’une de ses rives en se portant sur l’autre: le propriétaire de la rive découverte profite de l’alluvion, sans que le riverain du côté opposé y puisse venir réclamer le terrain qu'il a perdu“.

Adluvio im Roemischen Recht

BARBATI S
2017-01-01

Abstract

Zur adluvio kann es bei Flüssen aufgrund der Stärke der Wasserströmung kommen. Sie kann insbesondere durch den normalen Wasserfluss oder aber aufgrund eines besonderen Ereignisses, namentlich einer Überschwemmung, zustande kommen. Die Strömung kann entweder die Festigkeit nur eines oder aber beider Ufer verändern. Das angeschwemmte Uferland wird ipso iure, iure gentium vom berechtigten Besitzer des jeweiligen Ufergrundstückes erworben. Steht das Ufer in öffentlichem Besitz, wie dies bei den agri limitati der Fall ist, kommt es nicht zum Eigentumserwerb durch Anschwemmung. Kehrt der Strom nach einer Überschwemmung in sein ursprüngliches Flussbett zurück, ohne die Ufer verändert zu haben, haben wir es nicht mit einer adluvio zu tun, sondern mit einer inundatio, die juristisch nicht relevant ist. In den Quellen begegnen wir zwei verschiedenen Beschreibungen von adluvio, auf die die heutige Unterscheidung im französischen Code civil und im italienischen Codice civile zwischen adluvio propria und adluvio impropria zurückgeht. Die erste Ausprägung meint eine Anlagerung von Schwemmmaterial an einem oder beiden Ufern, die dadurch an Umfang zunehmen; in diesem Fall entspricht die Anwachsung dem durch Anschwemmung hinzugewonnenen Boden. Die zweite Ausprägung meint eine Veränderung des Flusslaufes, die einen Teil des Ufers freilegt und gleichzeitig dazu führt, dass ein anderer Teil bedeckt wird. Der freigelegte Teil wird im Rahmen dieser Form von adluvio vom Besitzer des Ufergrundstücks erworben. Nicht unproblematisch ist es, diese letzte Art von alluvio vom alveus derelictus zu unterscheiden. Dies meint das „Verlassen“ des Flussbettes, wobei der Strom anderswohin fließt, während der alveus bei der adluvio grundsätzlich unverändert bleibt und es bloß zu einer kleinen Veränderung des Wasserlaufs kommt. Tatsächlich kann diese Unterscheidung viel schwieriger sein, weshalb einige Forscher vom „teilweise verlassenen Flussbett“ sprechen. Dieser letzte Ausdruck kommt jedenfalls in den römischen Quellen nicht vor, die in dieser Hinsicht von adluvio sprechen. Dem folgt auch der französische Code civil in Artikel 557 (1): „Il en est de même des relais que forme l’eau courante qui se retire insensiblement de l’une de ses rives en se portant sur l’autre: le propriétaire de la rive découverte profite de l’alluvion, sans que le riverain du côté opposé y puisse venir réclamer le terrain qu'il a perdu“.
2017
Acta diurna. Beitraege des IX. Jahrestreffens Junger Romanistinnen und Romanisten
Harrassowitz
Philippika
105
31
42
978-3-447-10737-2
Roemisches Recht, Anschwemmung, Eigentum
BARBATI S
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Utilizza questo identificativo per citare o creare un link a questo documento: https://hdl.handle.net/2318/1840934
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